Smartphones seniorentauglich machen: Startbildschirme für barrierefreies Internet
Kaum ein junger Mensch, der heutzutage kein Smartphone hat. Alle Erhebungen zeigen, dass die ältere Generation seit Jahren in diesem Punkt aufholt. Was die Statistik nicht aufführt: Wie viele Senior*innen benutzen ihr Handy oder Smartphone wirklich? Vielen dürften nämlich die Symbole zu klein, die Anzahl der vorinstallierten Apps zu groß und die Menüführung zu kompliziert sein. Betrifft es nur die Anzeigengröße, kann mit einfachem Zoomen Abhilfe geschaffen werden. Doch was tun mit all dem unnützen Zeug, das sich immer wieder in den Vordergrund drängt und sich einfach nicht löschen lässt? Die Lösung nennt sich Launcher-App. Wir zeigen Ihnen, was sich hinter diesem Begriff verbirgt, welche Launcher für ältere Menschen am besten geeignet sind und was diese kosten.
Was Launcher-Apps können
Kurz vorweg: Launchers sind keine Apps, die das Wetter präsentieren oder den Kontakt zu unseren Lieben ermöglichen. Eine Launcher-App erleichtert älteren Menschen vielmehr, diese Funktionen zu nutzen. Ins Deutsche übersetzt, wird es sofort verständlich: Der „Starter“ ist der Startbildschirm eines Smartphones oder Tablet-PCs. Er erscheint, wenn das Gerät eingeschaltet wird und führt durch Antippen der Symbole zu den einzelnen Funktionen:
- Telefon,
- Kontakte,
- Nachrichten (SMS),
- Kamera,
- Foto-Galerie,
- Stores,
- Einstellungen und
- den zahlreichen Anwendungsprogrammen.
Für Senioren geeignete Launcher-Apps
Natürlich hat jedes Handy bereits beim Kauf eine Bedieneroberfläche. Sie ist jedoch für das Gros der Nutzer eingerichtet – also eher nicht für Senioren. Da dies keine neue Erkenntnis ist, bietet der Markt eine Reihe von seniorenfreundlichen Launcher-Apps. Das Problem: Nur wenige erfüllen die Erwartungen. Manche sehen einfach nur gut aus, andere wiederum funktionieren nicht richtig oder weisen Mängel bei der Datensicherheit auf. Hier die Einschätzung von mobil.de:
Der Marktführer: BIG Launcher
BIG Launcher ist die am weitesten verbreitete Launcher-App. Sie überzeugt durch große Tasten, gut erkennbare Symbole und kontrastreiche Farben. Die Startseite ist neben dem Datum, der Uhrzeit und dem Akku-Ladestand auf sechs selbsterklärende Symbole reduziert: Telefonhörer, Briefkuvert, Kamera, Bild, SOS und Register (für Apps). Ein Beispiel: Bei Antippen des Telefons erscheint eine Liste, um die Kontakte, Favoriten oder Nummern aufzurufen bzw. einfach einen neuen Kontakt hinzuzufügen. Dies funktioniert jedoch nur, wenn zuvor die Telefon-App BIG Phone installiert wurde. Gleiches gilt für die Begleitanwendung BIG SMS für die Übermittlung von Nachrichten.
Weitere positive Aspekte sind die SOS-Taste, die wahlweise per Anruf oder SMS Alarm schlägt und dabei die GPS-Koordinaten mitsendet, sowie die individuelle Einstellung z.B. eines dunklen Hintergrunds oder der Anzahl der Tasten. Geht ein Anruf oder eine Nachricht ein, blinkt die Telefon- oder SMS-Anzeige. Menschen mit Sehstörungen oder Sehverlust können sich die Funktion der Tasten vorlesen lassen, Rollstuhl-Nutzer die App über ihre Tecla-Schnittstelle navigieren statt den Bildschirm zu berühren.
Dennoch könnte der US-Hersteller BIG Launcher auch einiges verbessern:
- Die angepasste Darstellung bezieht sich nur auf die ersten Ebenen. Kamera-Funktion, Bildergalerie und Apps haben das ursprüngliche Layout – genauso winzig, genauso unübersichtlich, genauso wenig geeignet für die meisten älteren Menschen.
- Es gibt kein deutsches Manual. Für die Installation und Handhabung sind Nutzer auf YouTube-Videos angewiesen. Diese sind englischsprachig mit deutschen Untertiteln.
- Die ABG sind ebenfalls nur in Englisch verfügbar.
- BIG Launcher gibt es bisher nicht für Apple Mobiles.
Dass auch die neue Version (4.3.1 seit Februar 2021, soll fehlerfreier laufen) noch mit Android 2.3 funktioniert, sehen wir als großes Plus an: So ist der BIG Launcher auch für ältere Smartphones geeignet (BIG SMS allerdings nur für Android 4.4 und höher).
Kosten: Der Hersteller bietet zwar eine Gratisversion an, sie taugt allerdings gerade mal fürs Kennenlernen der Launcher-App. Möchte man sie ernsthaft nutzen, nerven die ständigen Hinweise auf die Vollversion. In Deutschland kostet die Lizenz 8,99 Euro pro Artikel. Dafür erhalten Senior*innen mehr Komfort bei den Einstellungen und der Handhabung sowie einen Passwortschutz.
Zwei Alternativen: Simple Launcher und Seniorentelefon
Der Simple Launcher ist ähnlich einfach zu bedienen wie der BIG Launcher, unterscheidet sich optisch dagegen kaum vom Startbildschirm eines Android-Handys. Wer Wert auf ein schickes Design legt, das seine Seniorentauglichkeit nicht direkt erkennen lässt, könnte mit diesem Gratis-Launcher glücklich werden. Erwarten sollte man allerdings nicht zu viel. So sind beispielsweise nur die Symbole auf dem Desktop vereinfacht. Nur für Android, ab Version 5.0. Von Cloud Innovation Studio.
Dem BIG Launcher weitaus ähnlicher ist die App Seniorentelefon oder Senior Phone: Große, farblich unterlegte Kacheln mit eindeutigen Symbolen sind übersichtlich angeordnet. Das Erscheinen ist weniger bunt und kindlich, dafür der Kontrast schwächer. Größter Vorteil: Die App kommt aus Deutschland, die Einrichtung und Nutzung ist auf der Website des Anbieters verständlich erklärt. Bei Betätigen der Notruftaste wird der aktuelle Standort an bis zu drei voreingestellte Telefonnummern per SMS übermittelt. Die Taste „weitere Apps“ führt eine Ebene tiefer mit z.B. der Kamera und dem Lieblings-Messenger. In weiteren Ebenen ist das Layout nicht mehr vereinfacht. Auch das Telefonbuch erscheint noch unausgereift. Kostenlos. Nur für Android, ab Version 6.0. Von Senior Citizen Phone, Deutschland.
Der Newcomer: Lylu
Natürlich ist es verständlich, dass sich die Handhabung eines Nachrichtendienstes von der einer Bildergalerie unterscheidet. Das junge Unternehmen Lylu zeigt jedoch, dass es auch anders geht. Ob E-Mail schreiben, per Messenger chatten, YouTube-Videos anschauen, Wikipedia-Artikel lesen, in der Lieblingszeitschrift blättern oder die Kamera auslösen: Die Lylu Bedienoberfläche sieht immer gleich aus. Ein Riesenvorteil: Kein immer wieder neues Lernen, keine Zeitverschwendung, kein frustriertes Aufgeben. Die intuitive Bedienlogik überzeugt Senior*innen schnell vom Spaß, den ein Smartphone machen kann.
Dass so viel Bequemlichkeit nicht ganz gratis sein kann, erstaunt keineswegs. Die App ist ab ab 8,50 Euro im Monat zu haben. Die App wird ständig weiterentwickelt: Bald stehen die Programmierung für die Zoom-Videotelefonie und einen Apothekendienst. Und viele weitere Funktionen sind geplant.
Wer sich zuerst von den Vorzügen überzeugen will, kann die Lylu-App einen Monat gratis testen. Erst dann fallen die Abo-Gebühren an. Für Android (ab Version 5.1) Smartphones und Tablets sowie iPads (iPadOS 11.0 oder neuer). Abo jederzeit kündbar.
Fazit
Alle Launcher für Senioren bieten große Symbole und eine leichtere Bedienung als der vorinstallierte Startbildschirm eines Smartphones. Für eine Empfehlung ist vorab zu bedenken: Was ist wichtiger, das Sparen oder der Komfort?
Im ersten Fall sollte das Alter des Handys entscheiden, denn die Android-Version 6.0 wird erst seit 2016 verbaut. Bei neueren Geräten bietet Seniorentelefon/Senior Phone eine elegantere Optik und eine besser verständliche Anleitung. Bei älteren Geräten punktet der BIG Launcher durch seine kontrastreiche Darstellung und die Ideen bei Sehproblemen. Wenn die Grundfunktionen ausreichen, sind beide Apps zu empfehlen.
Soll das Smartphone nicht nur nützlich, sondern auch unterhaltend sein, lohnt sich ein Abonnement der Lylu-App. Für ca. 100 Euro öffnet sich die ganze Welt des Internets – barrierefrei und damit auch für die ältere Generation. Ein ganzes Jahr lang. Für uns die ideale Geschenkidee.
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