Testament: Selbstbestimmt die Vermögensnachfolge regeln
Brauche ich ein Testament? Meine Familie erbt doch automatisch mein gesamtes Vermögen. Diese gängige Einschätzung ist natürlich richtig. In vielen Fällen möchten die Erblasser ihren Besitz jedoch anders als nach der gesetzlichen Erbfolge weitergeben. Kinderlose Paare beispielsweise oder Senioren, die gegen den Verkauf ihres Hauses sind, damit der hinterbliebene Ehepartner die anderen Erben ausbezahlen kann. Wir stellen Ihnen die Grundzüge des Erbrechts vor und zeigen auf, in welchen Fällen ein Testament sinnvoll ist.
Die gesetzliche Erbfolge
Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht vor, dass in erster Linie die Ehepartner und Kinder erben. Gibt es keine Nachkommen, schließen sich je nach Verwandtschaftsgrad die übrigen Angehörigen an.
Die Erbfolge berücksichtigt grundsätzlich nur Blutsverwandte – mit zwei Ausnahmen: Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie Adoptivkinder, die den Abkömmlingen gleichgestellt werden. Drei Ordnungen regeln die Erbberechtigung:
- Die 1. Ordnung umfasst die direkten Abkömmlinge, also Kinder, Enkelkinder etc.
- Zu den Erben der 2. Ordnung zählen die Eltern, deren Abkömmlinge etc., also die Geschwister, Nichten und Neffen bzw. deren Kinder. Sie erben nur dann, wenn keine Abkömmlinge der 1. Ordnung vorhanden sind.
- Erben der 3. Ordnung sind die Großeltern der/des Verstorbenen und deren Abkömmlinge, also Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins. Damit sie berücksichtigt werden, dürfen weder Erben der 1. Ordnung noch der 2. existieren.
Ehegatten erhalten neben Abkömmlingen ein Viertel, neben Verwandten der 2. Ordnung die Hälfte des Erbes. Haben beide Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, erhöht sich dieser Anteil um ein Viertel (auf ½ bzw. ¾). Wurde ein Ehevertrag mit Gütertrennung geschlossen, fällt diese Erhöhung weg. Der restliche Anteil wird unter den gesetzlich Erbberechtigten aufgeteilt. Leben weder Verwandte der 1. oder 2. Ordnung noch Großeltern, fällt die gesamte Erbschaft an den überlebenden Partner.
- Möglicher Problemfall 1: Um die weiteren Erben auszubezahlen, muss der Ehepartner das Eigenheim verkaufen und folglich ausziehen. Ein Seniorenumzug ist dabei das geringste Problem.
- Möglicher Problemfall 2: Kinderlose Paare müssen einen nicht unbeträchtlichen Teil der Erbschaft an entferntere Verwandte wie beispielsweise Neffen oder Cousinen abtreten.
- Möglicher Problemfall 3: Unverheiratet zusammenlebende Partner haben kein Anrecht auf das Erbe, da sie nicht dem gesetzlichen Erbrecht unterliegen.
In diesen und in vielen weiteren Fällen gibt es nur einen Ausweg: das Testament.
Testament: Grundzüge und Pflichtteil
Ein Testament setzt die gesetzliche Erbfolge außer Kraft. Beinahe, muss man dabei sagen, denn der Staat lässt den überlebenden Ehegatten sowie Kinder und Kindeskinder des Erblassers nie ganz leer ausgehen. Der sogenannte Pflichtteil beträgt die Hälfte des nach dem Erbrecht zugedachten Anteils. Beispiel Kinder: Würden zwei Geschwister ohne Testament je ¼ des Erbes erhalten, steht ihnen auch mit Testament 1/8 Pflichtteil zu. Leben weder Partner noch Abkömmlinge, werden die Eltern des/der Verstorbenen mit dem Pflichtteil bedacht.
Das Besondere: Die Pflichtteilsberechtigten haben lediglich einen Anspruch auf Geldzahlung. Immobilien und gewerbliche Unternehmen müssen nicht aufgeteilt werden. Außerdem wird den Erben die Stundung des Pflichtteilanspruchs zugebilligt, wenn die sofortige Erfüllung sie unverhältnismäßig hart treffen würde. Ein Eigenheim muss also in der Regel nicht verkauft werden.
Berliner Testament – beliebteste Form des gemeinschaftlichen Testaments
Eheleute möchten häufig, dass zuerst der überlebende Partner und erst nach dessen Tod die Kinder erben. Hierfür gibt es das sogenannte Berliner Testament: Die Ehegatten oder Lebenspartner setzen den Letzten Willen gemeinsam auf und bestimmen sich gegenseitig als Alleinerben. Zugleich legen Sie gemeinsam die weiteren Erben, die sog. „Dritten“ fest. Allein- oder Vollerben sind berechtigt, über den Nachlass frei zu verfügen. Die Schlusserben erhalten ihn erst, wenn auch der zweite Ehegatte verstorben ist. ABER: Der Anspruch auf den Pflichtteil bleibt bestehen. Nicht selten verzichten die Dritten jedoch darauf, weil sie in absehbarer Zeit ohnehin beerbt werden. Die Fachwelt bezeichnet diese Standardvariante des Berliner Testaments als Einheitslösung.
Davon unterscheidet sie die Trennungslösung. Eheleute wählen sie, wenn sie ihr jeweiliges Vermögen unterschiedlichen Dritten vermachen möchten. Dabei setzen sie sich gegenseitig als Vorerben und die Dritten als Nacherben ein. Nach dem ersten Todesfall bleibt das gesamte Vermögen in der Hand des überlebenden Partners, nach dessen Tod jedoch wird es aufgespalten.
Das klingt alles sehr positiv. Das gesamte Vermögen geht ohne Erbauseinandersetzungen an den Ehepartner über, das gemeinsam erworbene Grunderbe muss nicht verkauft werden. Ob die Nachteile des Berliner Testaments nicht schwerer wiegen, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Denn 1. kann das gemeinsame Testament nach dem Tod des ersten Partners nicht mehr geändert werden und 2. entstehen bei einer großen Erbschaft eventuell steuerliche Nachteile. Zu den Freibeträgen: siehe Abschnitt Erbschaftssteuer.
Notar ja oder nein? Testament verfassen und hinterlegen
Fachsprachlich wird ein Testament „errichtet“. Für die Gültigkeit sind bestimmte Formen erforderlich:
- Der Letzte Wille muss eigenhändig, d.h. handschriftlich verfasst sein. Mit Schreibmaschine oder Computer geschrieben, wird es nicht anerkannt.
- Die Unterschrift mit Vor- und Zunamen darf nicht fehlen, bei einem gemeinschaftlichen Testament unterzeichnen beide Eheleute.
- Ort und Datum sind nicht zwingend erforderlich, helfen bei zwei oder mehreren Schriftstücken jedoch, die gültige Version zu bestimmen.
- Die Erben und die ihnen zugedachte Zuwendung müssen klar hervorgehen.
Ist ein einziger dieser Punkte nicht eingehalten, wird das Gericht nach der gesetzlichen Erbfolge entscheiden.
Zur Aufbewahrung gibt es mehrere Möglichkeiten: Eheleute, die sich als Allein- oder Vorerben eingesetzt haben, legen es zumeist einfach zu ihren Schriftstücken. Der Ort muss ja nur ihnen selbst bekannt sein. Bestehen Zweifel an der Lauterkeit der Erben oder kennen diese sich im Haus nicht so gut aus, empfiehlt sich die Hinterlegung beim Amtsgericht. Die amtliche Verwahrung und die damit zusammenhängende Registrierung im Zentralen Testamentsregister sind gebührenpflichtig. Immer amtlich verwahrt wird ein öffentliches oder notarielles Testament. Notare beraten bei der Abfassung des Letzten Willens und geben steuerliche Hinweise. Die anfallende Gebühr richtet sich nach dem Wert des Vermögens.
Erbschaftsteuer – Schreckvision nur bei großem Vermögen
Kein Grund zur Panik. Erbschaftssteuer zahlen nur Erben, die einen bestimmten Freibetrag überschreiten. Bei der Berechnung entscheiden die Höhe des Erbes und der Verwandtschaftsgrad.
Zum Erbe gehören natürlich Geldmittel, Fonds, Wertgegenstände, ggf. Immobilien und Betriebsvermögen. Nach dem Erbfall ist es empfehlenswert, ein Verzeichnis über den Nachlass aufzustellen und die einzelnen Posten den Erben zuzuordnen. Verlangt das zuständige Amtsgericht dann eine Erbschaftssteuererklärung, geht das Ausfüllen leicht von der Hand.
Einige weitere Informationen, auch zu diversen Kosten, liefert die Broschüre „Erben und Vererben“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – auf der Website zum Download bereit.
Bitte beachten: Dieser Beitrag ersetzt keine rechtskundige anwaltliche oder notarielle Beratung.
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